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Mit Urteil vom 14.12.2011, Az.: 9 U 11/11, hat das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) entschieden, dass sowohl die Sparkasse als beratende Bank als auch die als Vertragspartner auftretende Landesbank dem Kläger, einem privaten Anlagekunden, zum Schadensersatz verpflichtet sind.

Die Sparkasse haftet dabei wegen Falschberatung, die Landesbank wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung.
Das OLG stellt in seiner Urteilsbegründung insbesondere fest, dass die Sparkasse ihre Pflicht zur anlagegerechten Beratung verletzt hat, indem sie den Kläger nicht über die komplexen Zusammenhänge und das Erfordernis eines eigenen, effektiven Risikomanagements aufgeklärt hat. Es verwies auf eine frühere Entscheidung des Senats, in welcher er bereits beanstandet hatte, dass Anlegern suggeriert wurde, sie könnten anhand eigener Zinsmeinungen eine verantwortbare Entscheidung treffen. Dies sei gerade nicht der Fall. Trage der Anleger das Marktpreisrisiko so müsse er sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung des Marktwertes bilden können. Ohne dieses Verständnis sei er nicht in der Lage die Entwicklung des Marktpreises ausreichend zu überwachen, um den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu erkennen. Der Anleger müsse wissen, dass er ohne professionelle Hilfsmittel nicht in der Lage ist, allein den Marktwert zu ermitteln. Da dem Kläger auch der anfängliche Marktwert nicht mitgeteilt wurde, konnte er zudem nicht einmal den Ausgangspunkt seiner Risikostrategie erkennen. Bei einer Privatperson sei es offenkundig, dass sie zur Überwachung des Marktpreises nicht in der Lage sei. Die Sparkasse hatte aber eine entsprechende – erforderliche – Überwachung zugunsten des Klägers nicht durchgeführt, da sie sich nicht dazu verpflichtet erachtete.

Die Sparkasse hat nach Überzeugung des OLG den Kläger auch nicht anlegergerecht beraten. Die Bank könne nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kunde bereit sei, hohe Risiken zu tragen. Sie habe es versäumt, die Höhe des vom Kläger akzeptierten Verlustes zu erfragen. Die pflichtwidrige Empfehlung des für den Kläger ungeeigneten Swap-Vertrages werde auch nicht durch die Praxis von Banken beseitigt, ohne konkrete vertragliche Vereinbarung den Swap-Vertrag zu überwachen, nach eigenem Gutdünken Auflösungsempfehlungen zu geben oder in frei gewählten Abständen Marktwerte mitzuteilen.

Die Landesbank, mit welcher der Kläger den Swap-Vertrag abschloss, die aber gegenüber dem Kunden selbst nicht beratend tätig war, war nach Auffassung des OLG auch im unmittelbaren Kundengeschäft zur Aufklärung über die entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet. Ihre vorvertraglichen Aufklärungspflichten hat sie verletzt. Der Kunde dürfe eine Vermittlung aller Informationen erwarten, die ihn in die Lage versetzen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über den Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts zu treffen. Er dürfe ebenfalls eine Aufklärung darüber erwarten, dass es sich entgegen dem durch die Namensbezeichnung erweckten Eindruck (Swap) nicht um den Tausch von gleichwertigen Leistungen handelt, sondern um – für den Kunden nicht erkennbar – ungleichwertige Leistungen, die mit einem in der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes bestehenden Verlustes verbunden sind. Die fehlerhafte objektbezogene Aufklärung durch die Sparkasse müsse sich die Landesbank gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil sie dieser die Aufklärung des Kunden überlassen hat.

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Rechtsanwalt Thomas Linhardt
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Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.02.2010, Az.: 9 U 164/08:

Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG Stuttgart) hat die Deutsche Bank AG wegen der Empfehlung von Zinsswap-Geschäften an ein mittelständisches Unternehmen zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.

Der von der Beklagten empfohlene Ladder Swap sei im Kern eine Art Glücksspiel, das aufgrund der deutlichen Informationsasymmetrie mit ungleich verteilten Mitteln zwischen Emittent und Anleger gespielt werde. An dem Risikomodell-geprägten Glücksspiel-Charakter des Swap-Vertrags hätten sich Beratungs- und Aufklärungspflichten der emittierenden Bank zu orientieren. Der negative Marktwert eines Swaps stelle nicht nur eine einstrukturierte Gewinnmarge der emittierenden Bank dar. Er sei, weil er auf Risikomodellen beruhe, ein Indikator für die unfaire Verteilung der Chancen und Risiken zu Lasten der Partei, die die höheren Verlustwahrscheinlichkeiten übernehme. Der Swap-Vertrag stelle ein Glücksspiel dar dessen Abschluss auf Anlegerseite wohl kaum mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmanns i. S. d. § 43 Abs. 1 GmbHG vereinbar sei. Die Empfehlung eines Swaps als Zinsoptimierungsgeschäft wecke beim Anleger die berechtigte Erwartung, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vertrags höher sei als die Wahrscheinlichkeit des Misserfolgs. Der Interessenkonflikt einer Bank, der durch die Ausführung von Eigengeschäften mit dem beratenen Kunden entsteht, lässt sich nach Auffassung des Gerichts am einfachsten durch Unterlassen der Durchführung des Geschäfts vermeiden.
Das Urteil des OLG Stuttgart lässt zahlreiche Anleger, deren Swapgeschäfte nach der kurzen Verjährungsfrist des § 37a WpHG a. F. (3 Jahre ab Abschluss des Geschäftes) verjährt wären, hoffen. Die Glücksspielangebote einer Bank schädigen den Kunden vorsätzlich sittenwidrig. Eine solche Falschberatung ist nicht, wie die Banken es gerne hätten, in 3 Jahren ab Abschluss des Geschäftes verjährt. Betroffenen ist zu raten, ihre Ansprüche von einem auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechtes versierten Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
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