Artikel Tags XI ZR 33/10

Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.10.2014, Az.: XI ZR 348/13 und Az.: XI ZR 17/14, zur Frage der Verjährung der Rückforderung von Kreditbearbeitungsentgelten (s. unseren Bericht) sind auch für Swapgeschädigte hochinteressant.

In den genannten Urteilen hat der BGH entschieden, dass die betreffenden Ansprüche auf Rückzahlung von Kreditbearbeitungsentgelten nicht verjährt sind, da sich erst im Jahr 2011 eine gefestigte klägerfreundliche oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausbildete, die der bisher in der Rechtsprechung vertretenen klägerungünstigen Ansicht widersprach. Vor dem Jahr 2011 sei es dem Kläger daher nicht zumutbar gewesen, Klage zu erheben.

Eine sehr ähnliche Situation besteht für die Geschädigten aus sog. Swapgeschäften. Die meisten Geschädigten haben Swaps bis zur Finanzkrise im Jahr 2008 abgeschlossen. Auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche haben sie aufgrund der seinerzeit überwiegend bankenfreundlichen Rechtsprechung verzichtet. Erst das Urteil des BGH vom 22.03.2011 Az.: XI ZR 33/10, zu den hohen Anforderungen an die Aufklärungspflichten beim Abschluss von Constant Maturity Swaps (CMS) der Deutschen Bank (s. unseren Bericht) verhalf den bis zu diesem Zeitpunkt meist erfolglosen Anlegerklagen zu einer sehr viel günstigeren Ausgangslage.

Vor diesem Hintergrund können Swapgeschädigte nun mit gutem Grund hoffen, dass auch in ihrem Fall Schadensersatzforderungen die im Zeitraum vor 2011 entstanden, noch nicht verjährt sind.

Sofern bislang noch keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen wurden ist jedoch höchste Eile geboten, da sich bestehende Ansprüche mit Eintritt der Verjährung nicht mehr durchsetzen lassen.

Die kenntnisabhängige 3-jährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) begann mit dem Ende des Jahres 2011 zu laufen. Vor 2011 sowie im Laufe des Jahres 2011 entstandene Ansprüche verjähren somit zum 31.12.2014.

Die Kanzlei Linhardt. Rechtsanwälte, welche eine Vielzahl von Swap-Geschädigten vertritt, empfiehlt daher Betroffenen dringend bestehende Ansprüche von einem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen.

Für weitergehende Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte

Vor dem Landgericht München I streiten die Parteien um Schadensersatz wegen Aufklärungspflichtverletzung und Beratungsfehlern bei dem Abschluss von Swapgeschäften. Der Kläger ist ein Privatanleger, der – auch nach den Aussagen der Mitarbeiter der beklagten Bank – von jeher als konservativ-sicherheitsorientierter Anleger zu beurteilen war. Trotzdem empfahlen ihm die Anlageberater der beklagten Bank den Abschluss von Cross Currency Swaps (CCS). Interner Maßstab für die Empfehlung der CCS war die Bonität der Anleger, auf Anweisung seien die Geschäfte jedem finanziell gutsituierten Anleger angeboten worden. Über das Risiko eines Totalverlustes war der Kläger bei Abschluss der Geschäfte nicht informiert worden, selbst die Kundenberater der Bank hatten dieses Risiko nie in Erwägung gezogen. Auch über die Gewinnmarge der Bank und eine neue Methode zur Ermittlung der Risikolinie, die tendenziell den Abschluss einer größeren Anzahl von Hochrisikogeschäften ermöglichte, wurden die Anlageberater nicht informiert, so dass sie ihren Kunden nicht die erforderlichen Informationen geben konnten.

Im Rahmen des Verfahrens hat das Gericht mehrfach die vorläufige Überzeugung geäußert, dass keine anlegergerechte Beratung erfolgt sei. Darüber hinaus teilte es mit, dass das Landgericht München I zwischenzeitlich allgemein zu der Annahme tendiere, dass Cross Currency Swaps für Privatpersonen generell nicht geeignet seien und diesen von vornherein nicht hätten angeboten werden dürfen.

Die Bank versucht nun, sich durch die Einrede der Verjährung unter Hinweis auf die Verjährungsfrist des § 37 a WpHG a. F. den Schadensersatzansprüchen des Klägers zu entziehen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 12.02.2009, Az: XI ZR 586/07) kann nach Auffassung der Kanzlei Linhardt. Rechtsanwälte § 37 a WpHG a. F. vorliegend nicht zur Anwendung kommen, da seitens der Bank nicht lediglich Fahrlässigkeit, sondern ein vorsätzliches Organisationsverschulden vorlag. In einem solchen Fall verjähren die Schadensersatzansprüche des Geschädigten erst in 3 Jahren ab Entstehung des Anspruchs und Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen.

Hinsichtlich der Beurteilung, ob die Bank den Anleger über ihre Gewinnmarge informieren musste, verhält sich das Landgericht München I – trotz des Urteils des BGH vom 22.03.2011, Az.: XI ZR 33/10 – bislang zurückhaltend. In den bisher bekannten Verfahren kam es wegen erheblicher Aufklärungspflichtverletzungen hierauf aber nicht an.

Ein Urteil wird im September erwartet.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Kanzlei Linhardt. Rechtsanwälte

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Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22.03.2011, Az.: XI ZR 33/10:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Deutsche Bank AG wegen Verletzung der ihr obliegenden Beratungspflichten zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Sie hatte der Klägerin, einem mittelständischen Unternehmen, den Abschluss eines sog. CMS Spread Ladder Swap-Vertrages (CMS) empfohlen.

Im Urteilsfall hatte nach Überzeugung des Gerichts die Bank ihre Pflichten zur anleger- und objektgerechten Beratung verletzt. Bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Anlageprodukt seien hohe Anforderungen an die Darstellung der Risiken zu stellen. Die beratende Bank müsse dem Kunden in verständlicher und nicht verharmlosender Art und Weise klar vor Augen führen, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur ein „theoretisches“ ist, sondern abhängig von der Entwicklung des „Spreads“ real und ruinös sein kann.

Ob die Beklagte diesen hohen Anforderungen gerecht geworden ist, ließ der BGH jedoch offen, da die Bank ihre Beratungspflicht bereits dadurch verletzt habe, dass sie die Klägerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass der empfohlene Swap zum Abschlusszeitpunkt einen negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000,00 €) aufwies.

Als Wettgegnerin übernehme die Bank eine Rolle, die den Interessen des Kunden entgegengesetzt sei. Für sie erweise sich der „Tausch“ der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung des Basiswertes (Ausweiten der Zinsdifferenz) gerade nicht eintrete und die Klägerin damit einen Verlust erleide. Als Beraterin der Klägerin hingegen sei sie verpflichtet, dieser einen möglichst hohen Gewinn zu verschaffen, was der Bank wiederum einen entsprechenden Verlust beschere.

Die Bank könne diesen Interessenkonflikt nicht dadurch zu lösen, dass sie ihre Rolle als Wettgegnerin der Klägerin durch „Hedge-Geschäfte“ an andere Marktteilnehmer weiter gebe. Nach Abschluss der „Hedge-Geschäfte“ könne der Beklagten die weitere Entwicklung des „Spreads“ über die Laufzeit des Swap-Vertrages nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt habe.

Der von der Bank bewusst strukturierte negative Anfangswert des CMS sei damit Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes der Beklagten. Wenn die Bank daraus Vorteile ziehe, dass der Markt das Risiko des Kunden zu dessen Lasten bewertet, so bestehe die konkrete Gefahr, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgebe. Aufgrund des Beratungsvertrages sei die Bank aber zu einer allein am Kundeninteresse ausgerichteten Empfehlung verpflichtet. Sie müsse daher Interessenkollisionen, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden, vermeiden bzw. offen legen.

Dagegen sei eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt sei offenkundig. Eine Aufklärungspflicht bestünde jedoch dann, wenn über das reine Gewinnerzielungsinteresse hinaus besondere Umstände hinzuträten. Diese besonderen Umstände bestünden im Streitfall bei der Empfehlung von CMS darin, dass die beklagte Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages das Risiko gewinnbringend verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

Dieses Urteil des BGH wird Signalwirkung für zahlreiche weitere Verfahren haben.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Kanzlei Linhardt. Rechtsanwälte

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