Im Zuge des am 14.05.2019 ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH), Az. XI ZR 345/18, verschicken zahlreiche Banken und Sparkassen, darunter auch die Sparkasse Nürnberg, in letzter Zeit zahlreiche Kündigungsschreiben, um die Prämiensparverträge ihrer Kunden zu kündigen.

Viele dieser Verträge stammen aus den 90er Jahren und beinhalten neben einer variablen Verzinsung für die Anlage ab dem 3. Jahr der Laufzeit die Zahlung einer Prämie in Höhe eines bestimmten, steigenden Prozentsatzes aus den im Vorjahr geleisteten Einzahlungen.

Aufgrund des seit Jahren herrschenden niedrigen Zinsumfeldes sind diese Verträge heute vergleichsweise lukrativ für den Kunden, für die Sparkassen jedoch eine erhebliche Belastung, von denen sie sich durch die Kündigungen lösen möchten.

Das seit langem vorherrschende Niedrigzinsniveau bietet als solches allein keinen ausreichenden Kündigungsgrund seitens der Bank. Maßgeblich sind in jedem Fall die konkret getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, durch welche die jeweilige Sparkasse zu einer längeren Vertragsbindung verpflichtet werden kann.

Obwohl sich die Sparkassen in den uns vorliegenden Kündigungen auf o. g. Urteil des BGH berufen, sind nicht alle Kündigungen rechtmäßig, da der Bundesgerichtshof mit dem Urteil enge Grenzen gesetzt hat. So ist beispielsweise eine Kündigung vor Erreichen der Höchstprämie aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen von vornherein ausgeschlossen.

Nach dem Urteil des BGH dürfen Sparkassen Prämiensparverträge mit unbestimmter Laufzeit nicht vor dem Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen. Bis dahin sei die Kündigung durch die Sparkasse wegen des Prämienversprechens als ausgeschlossen anzusehen. Da im Urteilsfall die Höchstprämie nach einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren erreicht war, wurde die ordentliche Kündigung durch die Sparkasse mit einer Frist von drei Monaten als wirksam angesehen.

In einem Infoblatt zum Sparvertrag von 1996, in dem eine Berechnung bei 20-jähriger Laufzeit abgedruckt war, sah der BGH keine Grundlage für die Annahme einer längeren Laufzeit. Die Richter sahen darin lediglich eine werbemäßige Broschüre, welche keinen Einfluss auf den Inhalt des Sparvertrages genommen haben kann.

Im Übrigen betraf der vom BGH entschiedene Fall das Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren, wobei Prämien für die Folgejahre im Vertrag nicht mehr ausdrücklich aufgeführt wurden. Tatsächlich wurden Prämien jedoch häufig auch ausdrücklich für das 20. oder 25. Jahr versprochen. Unseres Erachtens bietet die BGH-Entscheidung für diese Fälle keine ausreichende Klärung.

In den uns vorliegenden Fällen sind zudem die vertraglichen Zinsanpassungsklauseln nach der Rechtsprechung des BGH als (teilweise) unwirksam anzusehen. Insbesondere fehlt es jeweils an der Wahl eines – für beide Parteien interessengerechten – Referenzzinssatzes. Ob sich hieraus Forderungen gegen die jeweilige Sparkasse wegen zu wenig bezahlter Zinsen ergeben, muss im Einzelfall geprüft werden.

Wir empfehlen betroffenen Sparkassenkunden, in jedem Falle einer Kündigung ihres Sparvertrages nicht vorzeitig zuzustimmen bzw. Widerspruch einzulegen und Auskunft über die Verzinsung ihrer Spareinlagen anzufordern. Über das Sparguthaben sollte bis zur Klärung nicht verfügt werden, um Ansprüche gegen die jeweilige Sparkasse in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Wir empfehlen außerdem, den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwaltes einzuholen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte