Archiv der Kategorie Aktuelles aus der Kanzlei
19.03.2021

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07.04.2020

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Die Sparkasse Zwickau hatte mit dem Kunden in den Jahren 1994 und 1996 drei Prämiensparverträge unbefristet abgeschlossen, nach dem Tod des Kunden wurden die Verträge im Jahre 2015, somit während der Niedrigzinsphase, auf die Erbin umgeschrieben. Bei der Umschreibung der Verträge war die Software der Sparkasse nicht in der Lage unbefristete Laufzeiten zu verarbeiten. Die Sparkasse trug daher 1.188 Monate (99 Jahre) als Laufzeit ein.

Die Sparkasse kündigte die drei Sparverträge im Jahr 2017. Während die Vorinstanz, das LG Zwickau, in seinem Urteil vom 25.10.2018, Az. 4 O 70/18, noch davon ausging, dass es sich bei den zeitlichen Angaben in den Verträgen nicht um Laufzeiten, sondern um Höchstfristen handele, hat das OLG Dresden am 21.11.2019, Az. 8 U 1770/18, entschieden, dass dem Wortlaut der Verträge zu folgen sei. So heißt es unter Ziffer 4 des Vertrages: „Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1.188 Monaten abgeschlossen.“ Der Prämiensparvertrag weist unter Ziffer 3.2 zudem ausdrücklich darauf hin, dass die in der Anlage aufgeführte Prämienstaffel für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart sei. Die Prämienstaffel listete sodann die Prämien für eine Laufzeit von 99 Jahren für jedes Jahr einzeln auf. Das OLG Dresden stellte hiernach fest, dass die Verträge damit an mehreren Stellen einheitlich von einer Laufzeit von 1.188 Monaten sprächen.

Das Gericht konnte nicht feststellen, dass die beklagte Sparkasse und die Klägerin übereinstimmend etwas anderes gewollt hätten als das, was beiderseits unterschrieben wurde. Der Sparkasse habe es immerhin freigestanden, in die betreffende Spalte keine konkrete Jahres- oder Monatszahl einzutragen oder dies spätestens im ausgedruckten Exemplar durchzustreichen.

Somit scheide eine ordentliche Kündigung gemäß Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen aus, einen wichtigen Grund für die Kündigung konnte das Gericht nicht erkennen.

Dieses Urteil ist bereits rechtskräftig, die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Entscheidung zeigt, dass Kündigungen von Prämiensparverträgen durch die Sparkassen trotz des BGH-Urteils vom 14.05.2019 (wir berichteten) nicht immer rechtmäßig sind. Sparverträge mit fest vereinbarten Laufzeiten können auch weiterhin nicht vorzeitig von der Sparkasse gekündigt werden.

Wir raten daher den betroffenen Sparern, einer Kündigung ihres Sparvertrages nicht vorzeitig zuzustimmen bzw. Widerspruch einzulegen.

Wir empfehlen außerdem, den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwaltes einzuholen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtanwalt Thomas Linhardt

Linhardt. Rechtsanwälte

Im Zuge des am 14.05.2019 ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH), Az. XI ZR 345/18, verschicken zahlreiche Banken und Sparkassen, darunter auch die Sparkasse Nürnberg, in letzter Zeit zahlreiche Kündigungsschreiben, um die Prämiensparverträge ihrer Kunden zu kündigen.

Viele dieser Verträge stammen aus den 90er Jahren und beinhalten neben einer variablen Verzinsung für die Anlage ab dem 3. Jahr der Laufzeit die Zahlung einer Prämie in Höhe eines bestimmten, steigenden Prozentsatzes aus den im Vorjahr geleisteten Einzahlungen.

Aufgrund des seit Jahren herrschenden niedrigen Zinsumfeldes sind diese Verträge heute vergleichsweise lukrativ für den Kunden, für die Sparkassen jedoch eine erhebliche Belastung, von denen sie sich durch die Kündigungen lösen möchten.

Das seit langem vorherrschende Niedrigzinsniveau bietet als solches allein keinen ausreichenden Kündigungsgrund seitens der Bank. Maßgeblich sind in jedem Fall die konkret getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, durch welche die jeweilige Sparkasse zu einer längeren Vertragsbindung verpflichtet werden kann.

Obwohl sich die Sparkassen in den uns vorliegenden Kündigungen auf o. g. Urteil des BGH berufen, sind nicht alle Kündigungen rechtmäßig, da der Bundesgerichtshof mit dem Urteil enge Grenzen gesetzt hat. So ist beispielsweise eine Kündigung vor Erreichen der Höchstprämie aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen von vornherein ausgeschlossen.

Nach dem Urteil des BGH dürfen Sparkassen Prämiensparverträge mit unbestimmter Laufzeit nicht vor dem Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen. Bis dahin sei die Kündigung durch die Sparkasse wegen des Prämienversprechens als ausgeschlossen anzusehen. Da im Urteilsfall die Höchstprämie nach einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren erreicht war, wurde die ordentliche Kündigung durch die Sparkasse mit einer Frist von drei Monaten als wirksam angesehen.

In einem Infoblatt zum Sparvertrag von 1996, in dem eine Berechnung bei 20-jähriger Laufzeit abgedruckt war, sah der BGH keine Grundlage für die Annahme einer längeren Laufzeit. Die Richter sahen darin lediglich eine werbemäßige Broschüre, welche keinen Einfluss auf den Inhalt des Sparvertrages genommen haben kann.

Im Übrigen betraf der vom BGH entschiedene Fall das Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren, wobei Prämien für die Folgejahre im Vertrag nicht mehr ausdrücklich aufgeführt wurden. Tatsächlich wurden Prämien jedoch häufig auch ausdrücklich für das 20. oder 25. Jahr versprochen. Unseres Erachtens bietet die BGH-Entscheidung für diese Fälle keine ausreichende Klärung.

In den uns vorliegenden Fällen sind zudem die vertraglichen Zinsanpassungsklauseln nach der Rechtsprechung des BGH als (teilweise) unwirksam anzusehen. Insbesondere fehlt es jeweils an der Wahl eines – für beide Parteien interessengerechten – Referenzzinssatzes. Ob sich hieraus Forderungen gegen die jeweilige Sparkasse wegen zu wenig bezahlter Zinsen ergeben, muss im Einzelfall geprüft werden.

Wir empfehlen betroffenen Sparkassenkunden, in jedem Falle einer Kündigung ihres Sparvertrages nicht vorzeitig zuzustimmen bzw. Widerspruch einzulegen und Auskunft über die Verzinsung ihrer Spareinlagen anzufordern. Über das Sparguthaben sollte bis zur Klärung nicht verfügt werden, um Ansprüche gegen die jeweilige Sparkasse in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Wir empfehlen außerdem, den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwaltes einzuholen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte

In allen der Kanzlei Linhardt.Rechtsanwälte bekannten Klageverfahren des Insolvenzverwalters Dr. Hagen Frhr. von Diepenbroick, vertreten durch die  Anwaltskanzlei  Bonse-Barta, gegen die Kommanditisten der  Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-R Schiffe“ mbH & Co. KG auf  Rückforderung der erhaltenen Ausschüttungen wurden die angeblichen  Insolvenzforderungen bislang nicht durch Vorlage der gerichtlichen  Insolvenztabelle nachgewiesen (Wir berichteten).

Diese Vorgehensweise ist in der Rechtsprechung kein Einzelfall. Die  Rechtsprechung der Instanzgerichte hierzu istgegenwärtig uneinheitlich.

So hält das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Urteil vom 27.11.2018, Az. 5 U 65/18) die Vorlage von Ausdrucken aus der vom Insolvenzverwalter intern  geführten Insolvenztabelle für ausreichend, anders als beispielsweise die  Oberlandesgerichte Bamberg (Urteil vom 07.05.2019, Az. 5 U 99/18) und  Koblenz (Urteil vom 06.11.2018, Az. 3 U 265/18). Diese stellen in ihren Urteilen fest, der  dort klagende Insolvenzverwalter sei den Anforderungen des  Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.02.2018, Az.: II ZR 272/16) an den klägerischen Vortrag nicht nachgekommen. Nach dem Prüftermin gehe die Tabellenführung auf das Insolvenzgericht über, weshalb die vom Insolvenzgericht geführte Tabelle für die (mittelbar aus § 201 InsO folgende) Rechtskraftwirkung  der festgestellten Forderungen maßgeblich sei.

Erstaunlicherweise hat in den Verfahren vor dem OLG Bamberg und dem OLG  Koblenz der dort als Kläger auftretende Insolvenzverwalter – trotz der   deutlichen richterlichen Hinweise – weder die gerichtliche Insolvenztabelle vorgelegt noch die Insolvenzforderungen konkret nachgewiesen und stattdessen  die Klageabweisung hingenommen.

Das OLG Bamberg hatte wegen der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung der  Oberlandesgerichte in seiner Entscheidung die Revision zum BGH zugelassen. Von  der Revisionsmöglichkeit wurde vom Insolvenzverwalter kein Gebrauch gemacht, alle  vorgenannten Urteile sind zwischenzeitlich rechtskräftig.

Die aufgeworfenen Rechtsfragen bleiben auch für Berufungsverfahren wegen der  Ausschüttungsrückforderungen durch den Insolvenzverwalter der  Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-R Schiffe“ mbH & Co. KG hoch relevant.

Abhängig von der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung und dem jeweils  angerufenen Gericht bestehen auch in eventuellen Berufungsverfahren erfolgversprechende  Ansätze für die Abwehr der Klageforderungen.

Betroffene Anleger sollten den Rat eines in Bank- und  Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwaltes einholen.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt

Linhardt. Rechtsanwälte

Die Klageverfahren des Insolvenzverwalters Dr. Hagen Frhr. von Diepenbroick, vertreten durch die Anwaltskanzlei Bonse-Barta, gegen die Kommanditisten der Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-R Schiffe“ mbH & Co. KG wegen Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen sind voll im Gange.
In allen der Kanzlei Linhardt.Rechtsanwälte bekannten Verfahren wurden die angeblichen Insolvenzforderungen bislang nicht durch Vorlage der gerichtlichen Insolvenztabelle nachgewiesen.
Zwischenzeitlich erging, wie der Kanzlei Linhardt.Rechtsanwälte bekannt wurde, ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil in einer ähnlich gelagerten Angelegenheit.
Im dortigen Gerichtsverfahren wegen Rückforderung von Ausschüttungen gegen eine ehemalige Kommanditistin der Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-R Schiffe“ mbH & Co. KG hatte die Klägerin eine Eigentabelle des Insolvenzverwalters zum Nachweis der „Rückforderungsansprüche gemäß § 172 Abs. 4 HGB“ vorgelegt. Das Gericht sah diese nicht als ausreichenden Beweis an. Eine Eigentabelle reiche nicht. Rechtskraftwirkung entfalte nur eine vom Gericht geprüfte Insolvenztabelle in Bezug auf die darin festgestellten Forderungen (§ 178 InsO).

In diesem Zusammenhang kritisierte das Gericht die Doppelrolle des Insolvenzverwalters als Insolvenzverwalter der Beteiligungsgesellschaft und Insolvenzverwalter der die Forderung anmeldenden Einschiffgesellschaften. Hierin sah das Gericht eine evidente Interessenkollision, welche einer Rechtskraft der von ihm festgestellten Forderungen entgegenstehe.

Bei Vorlage einer Insolvenztabelle ohne Rechtskraftwirkung verbleibt es bei der allgemeinen Darlegungslast, die behaupteten Insolvenzforderungen sind vom Kläger konkret nachzuweisen. Es bleibt abzuwarten, wie die übrigen mit den Santa-R-Verfahren befassten Gerichte diesen Sachverhalt einschätzen.
Betroffene Anleger sollten den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwalts einholen.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte

Die Klagewelle des Insolvenzverwalters Dr. Hagen Frhr. von Diepenbroick gegen die Kommanditisten der Beteiligungsgesellschaft MS „Santa-R Schiffe“ mbH & Co. KG rollt. Immer mehr Gesellschafter des Schiffsfonds werden auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen gerichtlich in Anspruch genommen. Zahlreiche Anleger sind verunsichert, ob es für sie sinnvoll ist, sich gegen die Klage zu verteidigen.

Nach gründlicher Prüfung des gerichtlichen Vorbringens des Insolvenzverwalters sind wir der Überzeugung, dass es mehrere erfolgversprechende Ansätze zur Abwehr der Klageforderungen gibt.

Betroffene Anleger sollten daher dem durch die Klageerhebung aufgebauten Druck nicht ungeprüft nachgeben und dringend den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwalts einholen.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte

§ 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist im Sinne von höherrangigem Unionsrecht auszulegen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitsnehmers dessen Urlaub festzulegen. Wenn der Urlaub nicht genommen wird, verfällt er grundsätzlich am Jahresende (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Im Ausnahmefall kann er bis zum 30.03. des Folgejahres genommen werden, doch nicht genommener Urlaub verfällt auch dann ersatzlos.

Hierzu entschied der Europäische Gerichtshof, dass dies nicht in allen Konstellationen mit höherrangigem europäischem Recht vereinbar ist und deshalb europarechtskonform auszulegen ist.

Ende 2016 legte das BAG dem EuGH die Frage vor, ob Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, von sich aus (also ohne Urlaubsantrag des Arbeitnehmers) für dessen Urlaubsgewährung Sorge zu tragen und was die Konsequenzen bei Verletzung dieser Pflicht wären (siehe hiezu Richtlinie 2003/88/EG „Arbeitszeitgestaltung“).

Der EuGH entschied am 06.11.2018, Az. C-684/16 – Shimizu, im Sinne der Arbeitnehmer, die in den Augen des EuGH bei der Geltendmachung von Urlaubswünschen und –ansprüchen für strukturell schwächer gehalten werden als die Arbeitgeber, die nun verstärkt in die Pflicht genommen werden.

Das Unionsrecht lässt es nicht zu, dass die Arbeitnehmer die ihnen nach Unionsrecht zustehenden Urlaubstage (also Mindesturlaub) alleine und nur deshalb verlieren, weil sie vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder vor Ablauf des Kalenderjahres (als Bezugszeitraum des Urlaubsanspruches) keinen Urlaub beantragt haben.

Im Sinne dieses EuGH-Urteils entschied nun das BAG in 9 AZR 541/15 vom 19.02.2019, dass dem Arbeitgeber die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruches des Arbeitnehmers obliegt. Der Arbeitgeber ist gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn, erforderlichenfalls förmlich, auffordert, dies zu tun“.

Der Arbeitgeber hat also klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraumes verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt. Nach Lesart des BAG trägt der Arbeitgeber für die Aufforderung zur Urlaubnahme die Beweislast. Kann er die Aufforderung nicht nachweisen, ist im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub dann abzugelten.

Haben Sie Fragen zum Urlaubsrecht, Urlaubsabgeltung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Kündigung, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt

Linhardt. Rechtsanwälte

Kunde verweigert Durchsicht des Emissionsprospekts – Bank muss trotzdem aufklären

Will ein potenzieller Anleger den Prospekt über eine Geldanlagemöglichkeit nicht entgegen nehmen, muss die Bank anderweitig ihrer Verpflichtung zur Aufklärung nachkommen.

Mit Urteil vom 07.02.2019, Az.: III ZR 498/16, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Anlageberater einen Anleger auch dann über die Risiken eines Investments aufklären muss, wenn dieser die Entgegennahme des Emissionsprospekts verweigert.

Der Kläger hatte Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Beteiligung an diversen geschlossenen Fonds gefordert, die beklagte Bank habe ihn nicht über die zu hohen Vertriebsprovisionen aufgeklärt.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe im Rahmen der Vertragsanbahnung die ihm angebotenen Prospekte als „Papierkram“ zurückgewiesen, diese seien ihm „zu dick und schwer“ gewesen.

Gemäß BGH befreit den Anlageberater dies nicht von der Aufklärungspflicht über die wesentlichen Risiken des Investments. Gerade dann, wenn ein Anleger mit einem bestimmten Anlagemodell noch keine oder wenig Erfahrung habe und sich einem Beratungsgespräch nicht generell verschließe, dürfe der Berater nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass überhaupt keine Aufklärung gewollt sei.

Der Anleger darf grundsätzlich erwarten, dass der Anlageberater die Aufklärung über die wesentlichsten Risiken – zu diesen gehören auch die überhöhten Vertriebsprovisionen – in dem gebotenen Umfang auch mündlich in einem persönlichen Gespräch leistet. Die bloße Weigerung, das schriftliche Informationsmaterial entgegenzunehmen, kann nicht von vornherein als fehlendes Interesse an einer Aufklärung, als Verzicht auf eine Aufklärung oder als Gleichgültigkeit gegenüber den der Anlage innewohnenden Risiken verstanden werden.

Der BGH hat das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dort soll nun die Motivation des Klägers bei der Zurückweisung der Prospekte im Rahmen einer Beweisaufnahme geklärt werden.

Anleger, die sich ebenfalls falsch oder nicht ausreichend beraten fühlen, sollten den Rat eines in Bank- und Kapitalmarktangelegenheiten versierten Rechtsanwalts einholen.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte

Das Bundesverfassungsgericht erteilte der seit 2011 gängigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur sachgrundlosen Befristung bei Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers eine Absage.

Die seit 8 Jahren gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, nach der eine sachgrundlose Befristung nur dann zulässig sei, wenn eine Vorbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber mehr als drei Jahre zurückliege, überschreitet die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben, so das Bundesverfassungsgericht vom 06.06.2018 (Az. 1 Bvl 7/14, 1 BvR 1375/14). Der Gesetzgeber habe eine Karenzzeit von drei Jahren erkennbar gerade nicht regeln wollen.

Im Jahre 2011 hatte das BAG (06.04.2011 – 7 AZR 716/09) entschieden, § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erfasse in verfassungskonformer Auslegung nicht solche Vorbeschäftigungen, die länger als drei Jahre zurückliegen. Diese Rechtsprechung musste das BAG in Urteil vom 23.01.2019, 7 AZR 733/16 aber nunmehr aufgeben.

Das Bundesverfassungsgericht gibt den Arbeitsgerichten weiterhin Freiraum zur verfassungskonformen Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Wenn die Gefahr der Kettenbefristung unter Ausnutzung der Unterlegenheit des Arbeitnehmers nicht besteht, ist das Verbot der sachgrundlosen Befristung auch nicht erforderlich, um grundsätzlich das unbefristete Arbeitsverhältnis als solches zu erhalten.

Die sachgrundlose Befristung kann weiterhin zulässig sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, die Art der Arbeit eine ganz andere war oder das frühere Arbeitsverhältnis nur von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Beispiele oder Definitionen werden dabei weder vom Bundesverfassungsgericht noch vom Bundesarbeitsgericht genannt.
Im vorliegenden Fall konnte sich der beklagte Arbeitgeber auch nicht darauf berufen, die Berufung auf Grundlage der seit dem Jahr 2011 geltenden Rechtsprechung eingelegt zu haben. Nach Ansicht des BAG musste der Arbeitgeber jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die vorgenommene Auslegung der Norm vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben könnte.

Das zunächst sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers wurde somit zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Für befristet beschäftigte Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sich ein Vorgehen gegen die Befristung, sofern sie sachgrundlos vereinbart wurde und eine Vorbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber vorlag, lohnen kann, weil rechtlich bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist.

Arbeitgeber dagegen sollten bei befristeten Arbeitsverträgen ohne Sachgrund sorgfältig abwägen, falls der Arbeitnehmer bereits zu einem früheren Zeitpunkt beschäftigt war.

Erst die künftige Rechtsprechung wird die Begriffe, wie „sehr kurzes Arbeitsverhältnis“, „andere Art der Arbeit“ und „Zurückliegen der Vorbeschäftigung“ klären und Rechtssicherheit schaffen.

Gerne stehen wir Ihnen für die Überprüfung Ihres befristeten Arbeitsverhältnisses oder der Gestaltung eines solchen zur Verfügung.

Rechtsanwalt Thomas Linhardt
Linhardt. Rechtsanwälte