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Kunden, die zwischen Mitte 1994 und Ende 2007 Lebensversicherungen abgeschlossen haben und mit diesen unzufrieden sind, können u. U. auf Rückzahlungen hoffen.

In seinem Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) zugunsten eines Versicherungskunden der gegen die Allianz Lebensversicherungs AG geklagt hatte.

Der Kläger hatte 1998 bei der Allianz Lebensversicherungs AG einen Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen. In dem damals üblichen sog. Policenmodell erhielt der Kunde die Vertragsinformationen erst nach der Antragstellung zusammen mit dem Versicherungsschein zugesandt. Die Widerrufsfrist begann daher erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem ihm die Versicherungsunterlagen vollständig vorlagen. Wurde über das Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt bzw. wurden die Unterlagen nicht vollständig zur Verfügung gestellt, erlosch gemäß dem damals geltenden § 5 a Absatz 2 Satz 4 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) alter Fassung (a. F.) das Widerrufsrecht spätestens nach Ablauf eines Jahres.

Der Kläger, der unstreitig über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, kündigte den Rentenversicherungsvertrag im Juni 2007 und erhielt den Rückkaufswert ausbezahlt. Erst mit Schreiben vom 31.03.2008 widersprach er dem im Jahr 1998 erfolgten Vertragsabschluss und forderte die Allianz Lebensversicherungs AG zur Rückzahlung aller Beiträge zzgl. Zinsen auf.

Nachdem Landgericht (LG) und Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart die Klage mit der Begründung zurückgewiesen hatten, der Widerspruch sei zu spät erfolgt, bekam der Kläger vor dem BGH nun Recht.

§ 5 a Absatz 2 Satz 4 VVG a. F. ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.12.2013, Az.: C-209/12, dem der BGH die Rechtsfrage vorgelegt hatte, europarechtswidrig.

Der BGH hat daher in seinem Urteil vom 07.05.2014 nun festgestellt, dass für alle von der Vorschrift betroffenen Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und Zusatzversicherungen zu Lebensversicherungen ein zeitlich unbefristetes Widerspruchsrecht besteht, wenn der Kunde nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt wurde bzw. er die Verbraucherinformationen oder Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

Dem Kläger steht hiernach die Rückzahlung aller gezahlten Prämien abzüglich des Vermögensvorteils zu, den er durch den von der Allianz Lebensversicherungs AG tatsächlich gewährten Versicherungsschutz erlangt hat, bei Lebensversicherungen ist insoweit der sog. Risikoanteil von Bedeutung. Das OLG Stuttgart, an das die Sache zurückverwiesen wurde, wird nun über die angemessene Höhe eines entsprechenden Abzugs zu entscheiden haben.

Im Einzelfall kann eine Rückabwicklung finanziell wesentlich günstiger ausfallen als eine Vertragskündigung. Versicherungskunden, die zwischen 1994 und 2007 Lebensversicherungsverträge abgeschlossen haben mit denen sie unzufrieden sind, sollten diese daher von einem im Versicherungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt prüfen lassen. Das gilt auch für bereits gekündigte Verträge. Eine Rückabwicklung kommt im Fall des Fortbestehens eines Widerspruchsrechts auch bei gekündigten und bereits abgewickelten Versicherungsverträgen noch in Betracht.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwältin Sabine Schnell
Linhardt. Rechtsanwälte

Ob eine Rechtsschutzversicherung im Schadensfall eintritt, hängt maßgeblich davon ab, wann der Rechtsschutzfall ausgelöst wurde. Bestand zum betreffenden Zeitpunkt eine Rechtsschutzversicherung hat diese – bei Erfüllung auch der übrigen nach den Rechtsschutzbedingungen (ARB) erforderlichen Voraussetzungen – Deckung zu gewähren.

So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 24.04.2013 entschieden, dass aus einer erst im Jahr 2005 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung Deckung für den Widerruf einer bereits im Jahr 1995 abgeschlossenen Lebensversicherung zu gewähren ist. Die Lebensversicherung hatte im Jahr 2010, also in (rechtsschutz-)versicherter Zeit, den Widerruf des Versicherungsnehmers zum Abschluss der Lebensversicherung zurückgewiesen. Die Zurückweisung des Widerrufsrechts des Versicherungsnehmers stelle in dem vorgenannten Fall die für die Rechtsschutzversicherung maßgebliche Pflichtverletzung dar.

Rechtsschutzversicherte die beabsichtigen ihre Lebensversicherungen zu kündigen oder rückabzuwickeln, sollten daher stets prüfen lassen, ob diese im betreffenden Rechtsfall deckungspflichtig ist, auch wenn bereits eine erste Ablehnung der Versicherung vorliegt.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwältin Sabine Schnell
Linhardt. Rechtsanwälte

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.12.2013, Az.: C-209/12, können in den Jahren 1995 bis 2007 abgeschlossene Lebensversicherungen möglicherweise heute noch widerrufen werden.

Die meisten Versicherungsverträge wurden damals nach dem sog. Policenmodell abgeschlossen, wobei der Kunde die Versicherungsbedingungen erst nach der Einreichung seines unterschriebenen Antrags und der Annahme durch die Versicherung erhielt. Deshalb wurde dem Kunden durch § 5 a Absatz 2 Satz 4 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) alter Fassung (a. F.) eine Überlegungsfrist von 30 Tagen eingeräumt, um dem Vertrag ggf. zu widersprechen. War die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, erlosch das Widerrufsrecht spätestens innerhalb eines Jahres nach der Zahlung der ersten Versicherungsprämie.

Der Europäische Gerichtshof hält das Erlöschen des Widerrufsrechts innerhalb der Jahresfrist für unvereinbar mit dem EU-Recht. Der Versicherungskunde muss vollumfänglich informiert und auch über sein Rücktrittsrecht genau belehrt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht ohne ordnungsgemäße Belehrung des Kunden, widerspricht dies den Zielen der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) muss nun zum Aktenzeichen IV ZR 76/11 über die Auswirkungen des EuGH-Urteils entscheiden, verhandelt wird am 07.05.2014.

Sollte der BGH die Rückabwicklungsmöglichkeit trotz des erheblichen Zeitablaufs bejahen, könnten die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossenen ungünstigen Verträge bei damals fehlerhaft erfolgter Belehrung immer noch widerrufen und die gezahlten Prämien zzgl. Zinsen zurückgefordert werden. Das gilt auch für bereits gekündigte Versicherungsverträge.

Betroffene Versicherungskunden, die mit ihren in den Jahren 1995 bis 2007 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen unzufrieden sind, sollten Rat bei einem im Versicherungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt einholen.

Für weitergehende Informationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Rechtsanwältin Sabine Schnell
Linhardt. Rechtsanwälte